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Platte des Monats

Mittekill - Die montierte Gesellschaft [Weltgast]

Quelle: Weltgast

Mittekill - Die Montierte Gesellschaft

„Alles, alles hängt zusammen“ ist das Motto, das sich durch "Die Montierte Gesellschaft" von Mittekill zieht. Ein gesellschaftskritisches Konzeptalbum, das eine Vielzahl an Musikstilen zusammenführt. Wir präsentieren das vierte Album des Berliners Friedrich Greiling und gehen mit ihm auf Montage.

Mittekill nimmt den Hörer auf seiner neusten Platte mit auf eine Reise. Eine Reise durch Freiburg, Belgrad, Berlin und Athen. In ein Land aus elektronischen Beats, Balkan-Klängen, Heulsusen-Rap und ehrlichen Texten. Und zwar in 13 Tracks, die nicht alle von ihm alleine gesungen und gespielt werden, sondern in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Künstlern entstanden sind.

Die Reise beginnt mit "Song for the Warld", einem Instrumental, das den Hörer in einen Loop aus verzerrten Harmonien zieht. Der Schlagzeuger Sven Ulber bestimmt den Track, der durch die mit Synths gemischten, simplen Drums einer der minimalistischsten des Albums ist. Gleich nach diesem Einstieg wird deutlich, wie abwechslungsreich diese Platte ist. Der folgende Song „Herbsttag“ kommt mit Tango-fähigem Balkan-Sound daher und regt, trotz der anfänglichen Hit-Verdächtigkeit, zum Nachdenken an. 

"Wo das Blatt sich wendet…

…Werden wir die Ersten sein - Die schrei’n nach off’nen Grenzen“ sind die letzten Worte in „Herbsttag“. Ein Song, der zunächst als Pianoversion gedacht war, aber durch die krachende Instrumentierung jetzt deutlich macht, dass Musik ein wichtiges Sprachrohr für politische Themen ist. Das sieht auch Mitekill, alias Friedrich Greiling, aus Berlin so. Bis zu diesem Album hat er noch zusammen mit Jan Hohmann das Projekt bestritten, jetzt ist er alleine unterwegs. Und manchmal sogar mit einem Chor aus Wutbürgern, der in „4000 km“ die Zeilen „62 Millionen Migrationen, wo komm’ wir alle hin, wenn die hier alle wohnen?“ schmettert. Der Song kommt durch eine simple Instrumentierung aus Klavier und Streichern nahezu unbeschwert aber durch die einsetzenden Bläser dennoch schwerfällig daher. Greiling singt hier zusammen mit der Berliner Künstlerin Dana Dumann und hat durch die Menge an Instrumenten und Sängern sein eigenes, kleines Mittekill-Chorchester.

"alles wird gut…

…zum Beispiel bei Frau Schuh“. Um auf diesem Album, das solch eine Vielzahl an Stilen und unterschiedlichen Stimmen birgt, trotzdem noch einen Hinhörer zu schaffen, kommen auch Schüler der Römerhofschule in Freiburg zu Wort. Hier wird Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit geboten, einen Schulabschluss zu machen. Während eines Performance-Stücks sang Bhatti, ein junger Pakistaner, die Worte „Schöne Schuhe, schöne Beine, schöne Hose, schöne Strümpfe“ ins Mikro. Friedrich Greiling merkt sich die Melodie und so wird aus den ursprünglich gesungenen Zeilen „Schön ist unsere Schule, gut ist unsere Lehrer“. Und damit der Song „Roemerhofschule“, in dem Geflüchtete selbst eine Stimme bekommen.

"Ich mach was du willst…

… mein Name Mittekill." Wenn die Rede von einem abwechslungsreichen Album ist, dann darf natürlich auch Rap nicht fehlen. Aber Mittekill wäre nicht Mittekill, wenn es ein 0-8-15 Track mit Sprechgesang wäre. Heulsusen-Rap nennt er den Stil, den er mit dem Song „Antiwachs“ bedient. Ein kraftvoller Track, der das ständige Verlangen nach Disziplin anprangert und auch auf frühere Mittekill-Songs verweist. „Meine neue Platte hat kein’ Hit: Jetzt wird gefickt“. "Jetzt wird gefickt" aus dem Jahr 2012 - ein weiterer Beweis dafür, dass Mittekill kein Blatt vor den Mund nimmt.

„Singt zum Klang von 1000 Arschgeigen auf hochgeklappten Wutbürgersteigen…

…Und reißt euch zusammen einen Landsitz unter den Nagel“. Sind die Lyrics aus einem Song, für den Pastor Leumund ins Boot geholt wurde. Der Künstler und Aktivist, der die Bergpartei in Berlin gründete. Eine Kleinpartei und Künstlergruppe, die am alternativen linken Rand anzusiedeln ist und ihre Wurzeln in der Berliner Hausbesetzerszene hat. Seit den 80er Jahren schreibt und performt Pastor Leumund, auch zusammen in der Band Antibiotika mit Mittekill. „Druckwellensittiche“ appelliert an die immer schuftende Arbeiterklasse und auch an die viel zitierten Wutbürger.

"...draußen tobt ein Sturm...

...und er zielt genau auf den Elfenbeinturm". Eine Aussage, die im Song "Spielzeugland" auch gleichzeitig die Intention des gesamten Albums wiedergibt. Denn der Elfenbeinturm ist eine Metapher für einen Ort der Abgeschiedenheit, in dem der Bewohner sich verschanzt. Unterdessen toben um ihn herum die gesellschaftlichen Konflikte. "Die Montierte Gesellschaft" ist ein politisches Album, das durch die Verschmelzung von unterschiedlichen Stilen nicht nur für jeden etwas bereithält, sondern auch aktueller denn je ist, ohne abgedroschen zu klingen. Danke Mittekill, wir gehen gerne zusammen mit dir auf Montage!

 

Wer Mittekill live erleben will, hat am 16. Dezember bei Laut indie Stadt! - Die M94.5 Jahrescharts die Chance dazu.

 

"Die montierte Gesellschaft" ist am 25. November auf Weltgast erschienen.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
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